10.01.2016 20:14
Von: Peter Papke

Eugen Gehlenborg im Interview

"Wir sind alle Weltmeister": Eugen Gehlenborg mit dem WM-Pokal 2014

Der Präsident des Norddeutschen Fußball-Verbandes und DFB-Vizepräsident, Eugen Gehlenborg, war als Ehrengast im November eigeladen zum „Tag des Anstoßes“ in Wallenhorst. Der NordFV umfasst die Landesverbände der Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (BremerFV, HFV, NFV und SHFV).

Der Bitte nach einem Interview am Abend der Veranstaltung in der Hollager Haselandhalle konnte Herr Gehlenborg verständlicherweise aus Zeitgründen nicht nachkommen, doch bat er den Verfasser - Peter Papke, Pressewart von Blau-Weiss Hollage - um einen schriftlichen Fragenkatalog, den er wie folgt beantwortete:

Herr Gehlenborg, zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, zu verschiedenen Themen Auskunft zu geben. Meine erste Frage: Wie beurteilen Sie die Veranstaltung der Gemeinde Wallenhorst zum „Tag des Anstoßes“, bei der nun seit 2001 in jedem Jahr der „Stein des Anstoßes“ an ehrenamtliche Helfer verliehen wird?

„Mit dieser außergewöhnlichen Ehrungsgala hat die Gemeinde Wallenhorst eine Veranstaltungsform gefunden, die in ganz besonderer Weise zur Auszeichnung des kommunalen ehrenamtlichen Engagements beiträgt. Dieses ist ein wichtiges Element für die Anerkennung und für die Motivation des freiwilligen Einsatzes für die Menschen in der Gemeinde und ich gratuliere den Initiatoren dieser Veranstaltung.“

Ihr Freund und ehemalige NFV-Kreisvorsitzende Helmut Buschmeyer ist ein glühender Verfechter des Ehrenamtes. Welche Rolle spielen für Sie die Ehrenamtlichen?

„Wie sehr ehrenamtliches Engagement das „soziale Alltagsgesicht“ unserer Gesellschaft bestimmt, zeigt sich aktuell am  Einsatz bei der Integration von Flüchtlingen in unserem Land. Mit ihrem freiwilligen Einsatz schaffen die Ehrenamtlichen eine Grundstimmung des Willkommens und legen damit den Grundstein für eine gelingende Integration.  Deshalb können sich die Kommunen, Vereine und Verbände, die über ein hohes ehrenamtliches Potenzial verfügen, glücklich schätzen.  Zeigt sich doch an der Haltung und am freiwilligen Einsatz des Ehrenamtes, wie sehr sich diese Menschen mit ihrem Gemeinwesen, ihrem Verein/Verband identifizieren – nicht weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.“

Der Profifußball rückt immer stärker in den Vordergrund, wozu das Fernsehen maßgeblich beiträgt. Das Geld spielt dabei eine immer größer werdende Rolle. Auch in unteren Klassen wird schon „gezahlt“. Gibt es noch eine Zukunft für den „Amateurfußball“?

„Im Gegensatz zum Profifußball steht der Amateurfußball nicht im Blickpunkt der großen medialen Welt. Dieses ist eigentlich nicht richtig. Weil dabei leider allzu oft vergessen wird, dass der Amateurfußball die Basis des Profifußballs ist und an einem Wochenende zum Beispiel viel mehr Zuschauer zu den über eine Million Spielen im Amateurbereich kommen als zu den Bundesligaspielen. Außerdem findet im Amateurbereich – in den vielen Juniorinnen-/Juniorenmannschaften der Vereine – die wichtige Nachwuchsförderung statt. Das heißt, weit über achtzig Prozent der aktuellen National-/Bundesligaspieler kommen aus kleinen Amateurvereinen und haben dort das Fußballspielen erlernt. Der Amateurfußball hat daher nicht nur eine „Existenzberechtigung“, sondern er erst ermöglicht es, dass wir zur Weltspitze des Fußballs gehören.“

Seit 1985 veranstaltet Blau-Weiss Hollage zu Pfingsten jährlich ein Internationales Fußballturnier für C-Junioren. Wir wollen die Qualität halten, doch wird es immer schwieriger, Bundesligisten nach Hollage zu bekommen....

„Wenn ein Verein wie Blau-Weiss Hollage im Jahr 2016 bereits zum 32. Mal das Internationale U-15 Turnier ausrichtet, so spricht das für eine sehr engagierte Jugendarbeit und damit für einen sehr hohen ehrenamtlichen Einsatz  in diesem Verein. Der organisatorische Aufwand für ein solches Turnier ist außerordentlich hoch und es erfordert immer wieder einen immensen Zeitaufwand in der Planung – Kontaktaufnahme, Einladung und Unterbringung  der Mannschaften -  und bei der Durchführung der Spiele. Deshalb danke ich den Organisatoren im Namen des Norddeutschen Fußballverbandes und des Deutschen Fußball-Bundes für ihren Einsatz, sie fördern damit nicht nur die Jugendarbeit, sondern tragen auch erheblich zur „Völkerverständigung“ bei.“

In Zeiten der FIFA-Krise, die ja auch den DFB berührt, möchte ich Sie abschließend fragen, wie Sie die aktuelle Situation im Fußballbereich beurteilen.

„Als DFB-Präsidiumsmitglied stelle ich mit Bedauern fest, dass die derzeitige Vergangenheitsbewältigung mit der Klärung von Vorgängen rund um die WM 2006 neben dem Vertrauensverlust leider auch sehr viel Zeit und auch Energie kostet. Dieses geht nolens volens zu Lasten der aktuellen Herausforderungen (z.B. stärkere Förderdung des Amateurfußballs, Integration von Flüchtlingen, u. a.). Hinzu kommt, dass die allseits gewünschte rasche Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe nicht möglich ist und die notwendige Aufklärungsarbeit noch weitere Wochen – wenn nicht sogar Monate – ein Schwerpunkt der Präsidiumsarbeit bilden wird. Erfreulich ist andererseits, dass der Fußballalltag in den Vereinen durch die derzeitige FIFA-, UEFA- und DFB-Krise nicht unmittelbar betroffen ist. Hier zeigt sich die Stärke des Ehrenamtes, das aus eigenem Antrieb und in Wahrnehmung seiner Verantwortung vor Ort eine engagierte Vereinsarbeit leistet. Dieser Einsatz ist nicht abhängig davon, ob es ein Fehlverhalten auf DFB-Ebene vor über zehn Jahren gab.

Im Übrigen sei daran erinnert, dass der heutige DFB nach dem Gewinn der WM 2014 noch bis zum Oktober 2015 von den inter-/nationalen Medien als der „weltbeste“ Fachverband gelobt wurde. Meine Mit-/Verantwortung sehe ich darin, intensiv daran mitzuwirken, dass dieses (nach Klärung der Vorwürfe) auch in Zukunft so bleiben möge."

Vielen Dank, Herr Gehlenborg, für dieses Interview.  Danken möchte ich Ihnen auch für die Grußworte, die Sie uns immer für unser Programmheft zu Pfingsten schicken.

 

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